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Hunderttausende Fische durch verpflichtende EU-Chemikalientests vergiftet

Neue Studie zeigt drastisches Ausmaß von Tierversuchen unter REACH – Humane World for Animals fordert Reform veralteter Testanforderungen und Compliance mit dem „letzte Mittel“-Prinzip

Study on opportunistic infections with Burkholderia cepacia complex using Zebra Fish embryos

BSIP

BERLIN — Fast 400.000 Fische wurden bereits in Sicherheitstests für Chemikalien eingesetzt, wie sie die EU-Verordnung REACH vorschreibt. Weitere 530.000 bis 690.000 Tiere könnten infolge neuer regulatorischer Änderungen noch hinzukommen. Das zeigt eine neue Analyse, die von Humane World for Animals (ehemals Humane Society International) in Auftrag gegeben und im Fachjournal ALTEX veröffentlicht wurde.

Die Studie ist die erste, die das gesamte Ausmaß der REACH-Testungen an Wasserlebewesen quantifiziert. Sie zeigt, welchen erheblichen und zunehmenden Einfluss die aktuellen Informationsanforderungen auf Fischpopulationen haben – insbesondere auf Zebrafische, die hochsozial sind und komplexe kognitive Fähigkeiten besitzen. Diese Fische werden heute häufig in Giftigkeitstests eingesetzt.

REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) ist die zentrale Chemikalienverordnung der EU-Mitgliedstaaten. Sie erlaubt Tierversuche nur dann, wenn es keine alternativen Methoden gibt – also als „letztes Mittel“. Dennoch legen die Daten nahe, dass weiterhin Millionen Tiere für Sicherheitsprüfungen unter REACH eingesetzt werden. In den kommenden Jahren ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen.

„Das Ausmaß der Tests, das unsere Analyse zeigt, wirft grundlegende Fragen auf, ob REACH den Schutz wirklich auf die effektivste Weise gewährleistet“, sagt Antigoni Effraimidou, Senior Program Director for Institutional Policy bei Humane World for Animals Europe. „Die Sicherheit von Chemikalien muss selbstverständlich an oberster Stelle stehen – aber wir können und müssen sie mit modernen, tierleidfreien Methoden erreichen, die den Schutz von Gesundheit und Umwelt verbessern.“

Die Ergebnisse erscheinen zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da die Europäische Kommission derzeit ihren Vorschlag zur Überarbeitung von REACH prüft. Humane World for Animals fordert die EU auf:

  • die Informationsanforderungen in REACH zu überarbeiten und akute Toxizitätstests an Fischen, Biokonzentrationstests und andere veraltete Tierversuche durch moderne, tierleidfreie Methoden zu ersetzen;
  • Ressourcen effizienter einzusetzen, um den Schutz von Mensch und Umwelt zu verbessern;
  • ein wissenschaftliches Komitee innerhalb der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) für den Einsatz tierleidfreier Methoden einzurichten;
  • veraltete Tests zu streichen und keine neuen hinzuzufügen;
  • die Chemikaliensicherheit zu verbessern, indem das Prinzip der Tierversuche als „letztes Mittel“ konsequent umgesetzt wird.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass Europas Chemikaliensicherheits-System weiterhin auf veralteten Tierversuchsmodellen basiert, obwohl bessere wissenschaftliche Methoden längst verfügbar sind“, sagt Jay Ingram, Managing Director for Chemicals bei Humane World for Animals. „REACH zu modernisieren bedeutet nicht, Standards zu senken – im Gegenteil: Es bedeutet, sie zu erhöhen, durch fortschrittliche Verfahren, die Menschen, Ökosysteme und Tiere besser schützen.“

Die neue Analyse knüpft an frühere Forschung an, die zeigt: Bereits über 4,2 Millionen Säugetiere wurden in systemischen Toxizitätsstudien im Rahmen von REACH eingesetzt. Das verdeutlicht das erschreckende Ausmaß des Einsatzes von Tieren unter dem aktuellen EU-Chemikalienregime.

Humane World for Animals arbeitet mit EU-Politikverantwortlichen, Wissenschaftler*innen, Industrie und zivilgesellschaftlichen Partnern zusammen, um den Übergang zu einem tierleidfreien System zur Sicherheitsbewertung von Chemikalien zu beschleunigen – für bessere Wissenschaft, sichere Chemikalien und umfassenderen Schutz für alle.

Hinweise für Redaktionen:

  • Studie: Fish count, too – The animal toll of REACH aquatic toxicity tests (ALTEX, 2025)
  • Fische werden in vier Haupttestkategorien unter REACH verwendet: Kurzzeittoxizität, Langzeittoxizität, endokrine Störungen und Bioakkumulationstests.
  • Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Fische ähnlich wie Säugetiere Schmerz empfinden können.
  • Die prognostizierte zusätzliche Nutzung von 530.000–690.000 Fischen stellt eine erhebliche Ausweitung von Tierversuchen für Chemikaliensicherheit dar.
  • Verwandte Studie zur mangelnden Einhaltung des „letzte Mittel“-Prinzips: The last resort requirement under REACH: From principle to practice (Regul Toxicol Pharmacol, 2024)

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