Skip to main content

Verrat an Wölfen: Europäisches Parlament stellt Politik über Wissenschaft

Wolves

Raimund Linke/Getty Images

Brüssel/Berlin—Das Europäische Parlament hat heute entschieden, den Schutz von Wölfen zu schwächen. Damit untergräbt es die Glaubwürdigkeit der Naturschutzgesetze der EU und gefährdet die Erholung der Wolfspopulationen in Europa. Die Abstimmung bedeutet, dass die Jagd auf Wölfe wieder möglich ist.

Dieser Beschluss ist der letzte Schritt im Gesetzgebungsverfahren zur Herabstufung des Schutzstatus von Wölfen in der EU von „streng geschützt“ auf „geschützt“. Nachdem die Berner Konvention bereits im Dezember die Senkung des Schutzstatus akzeptiert hatte, schlug die EU-Kommission im März eine Änderung der Naturschutzgesetze vor, die vor wenigen Wochen vom EU-Rat bestätigt wurde.

Das ist ein besorgniserregendes Signal für den Naturschutz in Europa. Nach den EU-Naturschutzgesetzen müssen Entscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Zwar hat der strenge Schutz dazu beigetragen, dass sich die Wolfspopulationen erholen konnten, dennoch ist ihr Erhaltungszustand in sechs von sieben biogeografischen Regionen der EU weiterhin unzureichend. Zudem zeigt die Forschung, dass eine stärkere Jagd auf Wölfe weder Konflikte mit der Landwirtschaft löst noch die Bestände der Beutetiere erhöht. 

„Wölfe sind entscheidend für gesunde Ökosysteme, aber die Abstimmung behandelt sie als politisches Problem, nicht als ökologischen Gewinn“, sagt Ilaria Di Silvestre, Director of Policy and Advocacy für Europa beim International Fund for Animal Welfare (IFAW). „Es gibt keine Daten, die eine schwächere Schutzstufe rechtfertigen, aber die EU-Institutionen ignorieren die Wissenschaft. Wenn politische Interessen statt Fakten entscheiden, gefährdet das jahrzehntelange Fortschritte im Naturschutz.“

„Das ist ein trauriger Tag für die Artenvielfalt und Wildtiere“, sagt Léa Badoz, Programme Officer bei Eurogroup for Animals. „Die EU war einst führend im Naturschutz, aber jetzt werden wichtige Arten wie der Wolf für kurzfristige politische Ziele geopfert, die niemandem nutzen. Die Mitgliedstaaten müssen jetzt Verantwortung übernehmen. Wenn Europa seine Natur retten will, brauchen Wölfe starken Schutz.“

Dr. Joanna Swabe, Senior Director Public Affairs bei Humane World for Animals Europe, betont: „Die Entscheidung, den Schutzstatus der Wölfe zu senken, entbindet die Mitgliedstaaten nicht von ihrer Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Wölfe unter guten Bedingungen leben. Sie müssen weiter in Lösungen investieren, die das Zusammenleben von Mensch und Wolf möglich machen.“

Trotz der Entscheidung können die Mitgliedstaaten Wölfe weiter streng schützen – eine Maßnahme, die Naturschützer*innen dringend empfehlen. Sie sind weiterhin gesetzlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sich die Wolfspopulation erholt und stabil bleibt.

Besorgniserregend ist auch, dass das Europäische Parlament ein Eilverfahren genutzt hat, um diese Änderung ohne die übliche Debatte über Vorschläge der Kommission zu verabschieden – als sei eine Lockerung des Wolfsschutzes ein drängendes Problem. Das Tempo, in dem Naturschutzgesetze abgeschwächt werden, ist sehr beunruhigend, erschwert ernsthafte demokratische Diskussion und bedroht den Umweltschutz in Europa.

Media Contacts